Menschenverachtend

Besonders menschenverachtend sind die in der „Mendener Zeitung“ erfolgten Aufrufe für den Amtsbezirk Menden – also auch Wimbern – zu den Krüppeluntersuchungen in den Jahren 1935, 1937 und 1942. Der in allen Jahren fast gleich lautende Text ist hier für das Jahr 1937 original wiedergegeben:

Krüppeluntersuchungen 1937

Menden, die diesjährige allgemeine Krüppeluntersuchung des Landkreises Iserlohn, die durch den Landeskrüppelarzt und den Amtsarzt des Landkreises Iserlohn angehalten wird, findet statt:

Für den Stadtbezirk Menden und den Amtsbezirk Menden: Donnerstag 8. April 1937, von 8-12 Uhr in Menden, Kirchplatz 4, Außenstelle des Gesundheitsamtes.

Eltern, deren Kinder, Pflegeeltern, deren Pflegekinder, Vormünder, deren Mündel mit einem Krüppelleiden behaftet sind, werden gebeten, sich mit den Kindern zu dem Termin einzufinden. – Die Beratung ist kostenlos.

„Mendener Zeitung“ vom 4. April 1935, 3. April 1937 und 6. Mai 1942

Aus heutiger Sicht waren diese Kinder möglicherweise später Opfer des KZ-Arztes Josef Mengele (* 16. März 1911, † 7. Februar 1979), der an Missbildungen jeder Art forschte, um bedeutsame Informationen über den „Erbgang“ zu liefern – ein zentrales Thema für die Rassenforscher des Dritten Reiches. Mengele ließ neben Zwillingen vor allem Krüppel und Kleinwüchsige selektieren.

Die breit angelegten Krüppeluntersuchungen waren höchstwahrscheinlich auch eine vorbereitende Maßnahme für das spätere Euthanasie-Programm des NS-Regimes, das historisch zweifelsfrei aufgearbeitet wurde. Im Januar 2011 war in Potsdam eine Sonderausstellung über die Ermordung kranker und behinderter Kinder während der Zeit des Nationalsozialismus zu sehen.

Mehr als 10.000 Kinder und Jugendliche fielen im Dritten Reich den verschiedenen Programmen zur Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ zum Opfer, wie der Kurator vom Institut für Geschichte der Medizin der Charité Berlin sagte. Dabei ging es zahlreichen Ärzten nicht nur um die Tötung der „Ballastexistenzen“ – oftmals wurden die Kinder auch zu medizinischen Experimenten missbraucht.1

Über das weitere Schicksal der untersuchten Kinder aus dem Amt Menden liegen keine weiteren Informationen vor.

  1. Deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin, Deutsches Ärzteblatt, 27.01.2011 ↩︎