Wimberner Pater weisen den Weg nach Wimbern

Ordensschwestern stehen vor einem Gebäude, im Hintergrund der Schriftzug "Krankenanstalt Ruhr-Sauerland)
Ankunft der ersten Ordensschwestern in Wimbern.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Steyler Missionsschwestern in der Marienau bei Vallendar mit Ordensnachwuchs gesegnet. Gruppen von zehn bis 20 Postulantinnen und Kandidatinnen traten jedes halbe Jahr in das Kloster in der Marienau ein, wodurch ein Platzmangel entstand. Eine Erweiterung des damaligen Provinzhauses war unbedingt nötig, ein dafür erforderlicher Bauplatz aber nicht vorhanden. Das Grundstück war zu klein und eine Bebauung des umliegenden Geländes nicht möglich. Allen Verantwortlichen war klar, dass ein neues Provinzhaus benötigt wurde – fraglich war allerdings, wo dieses stehen solle.

Eine Antwort auf diese Frage ergab sich aus dem vierten Generalkapitel im Oktober 1949 in Rom. Dort wurde die Generalleitung gewählt. Die Wahlen ergaben, dass die Heimat der Generaloberin, der Provinzoberin und der vier Provinzrätinnen Westfalen bzw. das Sauerland war. Möglicherweise war das mit ein Grund, sich für das Sauerland als zukünftigen Standort des neuen Provinzhauses zu entscheiden. Die Provinzoberin Schwester Adelphia Dröge bekam den Auftrag, die Marienau zu verkaufen und ein neues Provinzhaus zu kaufen oder zu errichten. Nach der Besichtigung vieler Objekte wurde klar, dass kein passendes gefunden werden würde, sodass man beschloss, ein neues Provinzhaus zu bauen.

Im Zuge der Besichtigungen im Sauerland verwiesen die beiden Steyler Pater Josef Schröder und Josef Bilge, beide aus Wimbern stammend, auf die Ländereien des Freiherrn Baron von Boeselager. Dieser besaß Tausende Morgen Land zwischen Menden und Werl. Des Weiteren drohte ihm wegen des bevorstehenden Lastenausgleichs Enteignung. Schließlich verkaufte der Freiherr den Schwestern 60 Morgen Land. Wimbern wurde damit neben dem Mutterhaus in Steyl eine der großen Zentralen des Missionsordens in Deutschland.

Das Gelände erwies sich als perfekt. Es war seit Jahrhunderten Kreuzungspunkt bedeutender Straßenverbindungen, landschaftlich schön und ländlich gelegen. Die gesamte Norddeutsche Provinz lässt sich von Wimbern aus zentraler verwalten.

Die Schwestern beschreiben dies in ihrer Festschrift zur Konsekration der Heilig-Geist-Kirche und der feierlichen Einweihung des Heilig-Geist-Klosters folgendermaßen:

Unser Provinzialat mit Missionsschule in Wimbern/Ruhr steht an uralter historischer Stätte. Es beherrscht von seiner Höhe aus das Ruhrtal, ist für die Reisenden nach Neheim-Hüsten, Menden und Iserlohn ein markanter Straßenpunkt und grüßt die Wallfahrer, die aus den Tälern des Sauerlandes altem Brauch gemäß nach Werl zur Gottesmutter ziehen. … Ein Zug in die Weite lag immer über der Höhe von Wimbern, er wird auch in Zukunft bleiben. … Vor 80 Jahren war der holländische Flecken STEYL an der Maas ein unbekannter Ort. Heute kennt man ihn rund um die Welt. Mit Wimbern wird es ähnlich gehen.

Festschrift zur Konsekration der Heilig-Geist-Kirche im Kloster Wimbern, 1956

Der Kaufvertrag wurde am 13. Juli 1950 vor dem Notar Gottlob in Menden unterzeichnet. Im Zusammenhang mit dem Kauf des Grundstückes für das Provinzhaus bot man den Schwestern das zu diesem Zeitpunkt leerstehende Barackenareal des damaligen Krankenhauses „Ruhr-Sauerland“ an. Besonders der Erzbischof von Paderborn, Lorenz Jäger, Vertreter der deutschen Bischofskonferenz mit Sitz in Bonn, Kardinal Frings aus Köln, ebenso Vertreter der Landesregierung und des Kreises, sowie Regierungspräsident Hackethal von Münster, der aus Wickede stammte, setzten sich für die Schwestern und den Kauf des Barackenkrankenhauses ein. Bei einem Besuch in Rom suchten Erzbischof Lorenz Jäger und Prälat Wilhelm Johannes Böhler die Generaloberin auf und flehten sie an, das Barackenkrankenhaus zu übernehmen.

Ein Grund, der für die Übernahme sprach, war die unmittelbare Nähe des Krankenhauses zu dem erworbenen Grundstück für das neue Provinzhaus. Des Weiteren musste das Kloster in der Marienau bei Vallendar verkauft werden, damit die nötigen Finanzen für den Neubau gesichert waren. Am 20. Dezember 1950 kamen die Verhandlungen zum Abschluss. Die Marienau wurde an die „Schönstattschwestern“ verkauft, die Missionsschwestern mussten bis zum 1. März 1951 die Marienau verlassen. Die Schwestern brauchten daher Arbeit und Wohnungen, wodurch die Baracken als eine Übergangsstation wie geschaffen schienen. Am 7. November kamen die Verkaufsverhandlungen zum Abschluss. Am 13. November 1950 konnte der abgeschlossene Kaufvertrag in Münster unterzeichnet werden, nachdem die Schwestern die Baracken inspiziert hatten. Die Baracken wurden zuvor vom Oberfinanzministerium Münster erworben. Schwester Provinzoberin Adelphia hatte zuvor in jeder Baracke heimlich eine „wundertätige Medaille“ deponiert. Zusammen mit den Baracken erwarb der Orden weitere 32 Morgen Land.

Die Schwestern konnten im November 1950 allerdings keine leeren Baracken übernehmen, da diese bereits von DPs bewohnt wurden. Sie bekamen zunächst vier Baracken. Das zukünftige Hospital und die Schwesternwohnungen waren durch eine Bretterwand von den Baracken der Flüchtlinge getrennt.

Die Übernahme der Baracken ermöglichte den Steyler Missionsschwestern einen baldigen Umzug nach Wimbern. Vielen Schwestern fiel dieser nicht leicht. Sie mussten ihre schöne Marienau verlassen und in verwahrloste Baracken ziehen, die zunächst gereinigt und eingerichtet werden mussten. Der Bürgermeister von Wimbern, Josef Sartorius, riet den Schwestern aus diesem Grund bei der Übernahme der Baracken, diese mit viel Weihwasser zu sprengen und „alle Teufel von dort auszutreiben“.

Die ersten Schwestern, die Wimbern erreichten, kamen aus dem St. Josefshospital Haan mit einigen ihrer Angestellten. Am 30. Oktober 1950 reiste die Gruppe von Schwestern aus der Marienau nach Wimbern. Sie reinigten die Baracken, setzten sie in Stand und richteten diese ein.

Für die erste Mittagssuppe verwendete man in der Hektik das Scheuermittel „Ata“ statt Mehl. Die Suppe wurde trotzdem ausgegeben, da man der Meinung war, „Ata“ setze sich ab. Dies war aber nicht der Fall, sodass alle ihre Löffel weglegten und zu lachen begannen.

Die Schwestern wurden in Wimbern freundlich empfangen. Das Omnibusunternehmen richtete eine Haltestelle vor dem Haupteingang zu den Baracken ein, und die Post bot sich an, den Versand zu erleichtern. Viele Leute sorgten sich um die Vorratskammer in den Gebäuden.

Die neu bezogenen Baracken sollten so schnell wie möglich ein richtiges Kloster sein. Daher bemühten sich die Schwestern an erster Stelle um die Einrichtung einer Kapelle. Am 12. November 1950 konnte dann der erste Gottesdienst in den Baracken gefeiert werden. Dieser wurde nicht nur von den Schwestern, sondern auch von den Patienten des Krankenhauses sowie Leuten von auswärts besucht. Die Kapelle wurde 1951 erweitert.

Nach gründlicher Renovierung konnte am 1. Januar 1951 das Herz-Mariä-Krankenhaus eröffnet werden. Aus Haan kamen eine Stationsschwester und zwei Schwestern für den Operationssaal, aus Berlin eine Schwester für die Kinderstation, und aus der Marienau kamen einige junge Schwestern, welche sofort eingesetzt wurden. Die erste Patientin, eine schwerkranke Frau, traf am 2. Januar 1951 in den Baracken ein. Die Belegung des Krankenhauses entwickelte sich in den ersten Wochen folgendermaßen:

DatumPatientenzahl
4. Januar8 Patienten
12. Januar17 Patienten
17. Januar26 Patienten
26. Januar47 Patienten
28. Februar68 Patienten

Anfänglich wurden zwei Ärzte eingestellt, die bereits in dem Barackenkrankenhaus „Ruhr-Sauerland“ gearbeitet hatten und noch im Ärzteblock wohnten. Diese waren Dr. med. Abraham (Internist) und Dr. med. Otto Georg Liebiger (Chirurg). Letzterer wurde am 15. Mai 1903 in Kiritein in Mähren geboren. Bereits sein Vater und Großvater waren Ärzte. Dr. Liebiger kam 1945 nach Wimbern und arbeitete 20 Jahre in dem Krankenhaus. Er galt als ein „von Gott begnadeter Chirurg“. Am 29. April 1993 starb er bei Dillingen an der Saar. Dr. Liebiger liegt in Merzig an der Saar begraben.

Des Weiteren war ein Arzt angestellt, der nur für die Ostflüchtlinge verantwortlich war. Nachfolger von Dr. Abraham wurde 1954 Dr. Mangeot, der die Innere Abteilung bis April 1985 geleitet hat.

Der Name Herz-Mariä-Krankenhaus (später Marienkrankenhaus) wurde zum Lob der Gottesmutter ausgewählt. Die Wohnräume der Schwestern wurden Heilig-Geist-Kloster genannt. Dieser Name wurde später auf das neue Provinzhaus übertragen.

Die Umsiedlung der Schwestern aus der Marienau bei Vallendar war mit der Eröffnung des Krankenhauses noch nicht abgeschlossen. Sie dauerte bis zum 16. Juli 1951. Anfang Januar 1951 siedelte die Paramentik nach Wimbern um. Der 1. März 1951 war der Tag des Hauptumzugs für die Professen, Novizinnen und Postulantinnen. Ein Fabrikbesitzer erklärte sich bereit, den Schwestern beim Ausladen der Transporte zu helfen, außerdem durften die Schwestern in seiner Fabrik die Möbel unterstellen, die noch keinen Platz hatten. An diesem Tag war die Marienau geräumt und wurde an den Schönstatt-Priesterbund übergeben.

Da noch Ostflüchtlinge in den Baracken wohnten, konnten nicht alle Schwestern mit nach Wimbern umsiedeln. Erst ab dem 15. Juli 1951 kamen die letzten Schwestern nach Wimbern, da die Flüchtlinge nach und nach abzogen. Die hauseigene Druckerei siedelte Ende Juni nach Wimbern um. Am 18. Juli 1951 waren alle Schwestern ebendort angekommen. 1952 wurde die Krankenpflegeschule eröffnet, in der bis Ende der 1980er Jahre rund 500 Krankenschwestern und -pfleger ausgebildet wurden. 1953 kam eine Hals-Nasen-Ohren-Abteilung hinzu, deren Belegarzt bis 1985 Dr. Flacke, nach ihm Dr. Fixon, war.