Das Herz-Mariä-Krankenhaus genoss nach der Übernahme durch die Steyler Missionsschwestern einen guten Ruf. Anfang der 60er Jahre machten Schäden an dem Krankenhaus und die dadurch fälligen Reparaturen eine Erneuerung unumgänglich. Ein Neubau schien für die Schwestern die sinnvollste Lösung zu sein.
Dies gestaltete sich von Beginn an schwierig. Nicht nur in Wimbern, sondern auch in Haan musste das Hospital erneuert, ebenso sollte das Provinzhaus erweitert werden. Der Architekt Vedder, der auch schon das Provinzhaus geplant hatte, wurde von den Schwestern mit der Planung des neuen Krankenhauses beauftragt. Die Schwestern wollten in Wimbern bauen und wurden durch die Ortschaft Wimbern, das Amt Menden und den Kreis Iserlohn unterstützt.
Im Juli 1960 wurde der Amtsdirektor Vaßen von dem damaligen Mendener Bürgermeister Beierle über eine eventuelle Räumung des Krankenhauses informiert. Ohne finanzielle Unterstützung müssten die Steyler Schwestern gegen ihren Willen aus dem Krankenhaus abziehen.
Das Amt Menden signalisierte schnell Interesse an dem Verbleib und damit an dem Neubau des Krankenhauses in Wimbern. Des Weiteren war es zu einer Zahlung von Zuschüssen in Höhe von 50.000 Mark bereit.
Die Pläne für den Neubau eines Krankenhauses in Wimbern wurden der Regierung in Düsseldorf vorgelegt. Diese stellte den Schwestern 60 bis 70 Prozent der Baukosten als verbilligte Darlehen in Aussicht, wenn diese in der Nähe einer Industriestadt bauen. Der Vorschlag des Beginns eines Neubaus unter Beibehaltung eines Teils des alten Barackenkrankenhauses wurde abgelehnt.
Die verbleibenden hohen Baukosten, der zu erfüllende Missionsauftrag der Schwestern und die anderen Bauprojekte führten zu der Erkenntnis, dass ein Neubau in Wimbern nicht umzusetzen war. Die jüngeren Schwestern sollten nicht als Pflegepersonal in Wimbern bleiben, sondern als Missionsschwestern arbeiten, so die Generalleitung aus Rom. Es wurde schnell deutlich: In Wimbern darf nicht gebaut werden.
Eine Umsiedlung schien unabwendbar. Dies sollte einen erheblichen finanziellen Schaden für das Provinzhaus bedeuten, da unter anderem bisherige Einkünfte durch den Verkauf der eigenen landwirtschaftlichen Produkte und eigener Backwaren wegfallen würden, ebenso die Einkünfte aus dem Wäschereibetrieb. Die Provinzleitung stellte schließlich einen Antrag an die Generalleitung, sich im Umkreis von Wimbern nach einem geeigneten Objekt umzusehen. Diese Suche blieb ohne Erfolg.
1961 trat der Fröndenberger Pfarrer Bieker an die Provinzleitung heran. Die Gemeinde Fröndenberg wolle das katholische Krankenhaus erweitern. Durch einen Umzug des Herz-Mariä-Krankenhauses könne das katholische Krankenhaus in Fröndenberg von 50 auf 150 Betten erweitert werden.
Den Schwestern wurde das Angebot einer Übersiedlung samt Ärzten nach Fröndenberg gemacht. Das katholische Krankenhaus in Fröndenberg wurde bis zu diesem Zeitpunkt von den Franziskanerinnen aus Olpe geführt, welche aufgrund von Mangel an Nachwuchs kündigen mussten und das Krankenhaus an die Schwestern aus Wimbern übergeben wollten.
Im August 1961 erklärte die Provinzoberin die Bereitschaft des Ordens, die für die Führung des katholischen Krankenhauses in Fröndenberg nötigen Schwestern zu stellen. Der Regierungspräsident aus Arnsberg erteilte schließlich die Zustimmung zur Übereinkunft zwischen der katholischen Gemeinde in Fröndenberg und der Provinzleitung in Wimbern mit der Begründung, dass die Kapazität der Krankenhäuser im Kreis Iserlohn auch ohne das Herz-Mariä-Krankenhaus in Wimbern ausreichend sei.
Währenddessen unternahm nicht nur das Amt Menden Versuche, das Krankenhaus in Wimbern zu erhalten, sondern auch Wimberns Bürgermeister Josef Sartorius. Er setzte sich für den Verbleib des Krankenhauses in Wimbern ein. Im Dezember 1961 machte er eine Eingabe an die Generaloberin bezüglich der geplanten Verlegung der im Herz-Mariä-Krankenhaus tätigen Ordensschwestern, Ärzte und des Pflegepersonals und der damit verbundenen Auflösung des Krankenhauses in Wimbern.
Sartorius betonte, dass die Nachricht über dieses Vorhaben in Wimbern „wie eine Bombe“ einschlug, „besonders, da sie zuerst durch die Presse kam, ohne Kreis-, Amts- und Gemeindeverwaltung vorher davon in Kenntnis zu setzen“. In Menden und Wimbern schien die Auflösung des Krankenhauses bis dahin nicht bekannt gewesen zu sein. Diese traf die Gemeinde hart. So schrieb Sartorius:
Die Verlegung des Krankenhauses trifft unsere Gemeinde besonders finanziell sehr schwer. Schon jahrelang wurde die Krankenhausverwaltung nebst Kloster wegen der ungenügenden Klärung der anfallenden Abwässer von den zuständigen Instanzen unter Druck gesetzt. Da der Orden für diesen Zweck keine staatlichen Zuschüsse erhielt, … entschloss sich die kleine finanzschwache Gemeinde Wimbern nach reiflicher Überlegung den Bau der Kanalisation zu übernehmen. … Es geht nun doch wohl nicht an, wenn das Krankenhaus verlegt wird, auch wenn andeutungsweise von einem späteren Altersheim gesprochen wird, die finanzschwache kleine Gemeinde Wimbern die Finanzlast trägt, denn gerade für das Krankenhaus ist hauptsächlich die Kanalisation gebaut worden.
Josef Sartorius im Dezember 1961 in einem Brief an die Generaloberin der Steyler Missionsschwestern
Des Weiteren stellte Sartorius die günstige Lage und den guten Ruf des Krankenhauses heraus. Das Krankenhaus läge im Schnittpunkt von vier Kreisen, sei immer belegt und bestens zu erreichen, so der damalige Bürgermeister. Der Brief endete schließlich mit folgenden Worten:
Ehrwürdige Schwester Generaloberin, Sie werden gütigst Verständnis für unsere geschilderte Lage nebst der dazu notwendigen Aufklärung haben und ernsthaft im Interesse der Gemeinde Wimbern, der Kranken und des hiesigen Krankenhauses, welches auch im Herzen unser Krankenhaus ist, prüfen, ob doch der Orden in einem neuen Krankenhaus bei uns bleiben kann.
Josef Sartorius im Dezember 1961 in einem Brief an die Generaloberin der Steyler Missionsschwestern
Im März 1962 sagte Sozialminister Konrad Grundmann nach einer weiteren Eingabe Sartorius´ die Förderung mit Landesmitteln für eine Lösung in Wimbern zu. Entscheidend dabei sei, ob die Ordensleitung die bisherige Verpflichtung Fröndenberg gegenüber zurücknehmen könne und einem Verbleiben der Missionsschwestern in Wimbern zustimme.
In einem Brief an Bundespräsident Dr. Heinrich Lübke von April 1962 machte Sartorius klar, dass sich Amtsdirektor Vaßen, Landes- und Bundestagsabgeordnete sowie Sozialminister Grundmann für den Standort Wimbern einsetzten. Neben dem Bundespräsidenten wurde der Landtagsabgeordnete Kleffner von Amtsdirektor Vaßen im Juni 1962 informiert. Dabei machte er erneut deutlich, dass Menden an der Erhaltung des Krankenhauses interessiert sei. Des Weiteren schrieb er, dass die Pläne für das Krankenhaus von Architekt Vedder 200 Betten vorsähen und das Vorhaben acht Millionen Mark kosten solle.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Verhandlungen zwischen der Gemeinde Fröndenberg und den Schwestern bereits abgeschlossen. Die Kommunität wurde im Juni 1962 in Fröndenberg begrüßt. Die Schwestern übernahmen die Verpflichtung für die ambulante Krankenpflege, den Kindergarten St. Marien und die Nähschule im Boeselagerhaus.
Schnell äußerte die evangelische Gemeinde aus Fröndenberg Bedenken gegenüber dem geplanten Bauvorhaben der katholischen Gemeinde. Sie fürchtete die Konkurrenz und hatte ebenfalls geplant, ihr Krankenhaus umzubauen. Die Landesregierung war aber nicht bereit, beide Projekte zu unterstützen. Eine mögliche Lösung wäre ein gemeinsames Krankenhaus. Die katholische Gemeinde und die Provinzoberin setzten sich weiterhin im Sinne der Generaloberin ein: In Wimbern sollte ein Altenheim entstehen, das Herz-Mariä-Krankenhaus sollte aufgelöst werden.
Mitte März 1963 machte das Ministerium in Düsseldorf klar, dass es einen Krankenhausneubau in Wimbern bevorzuge und sprach sich damit gegen eine Übersiedlung nach Fröndenberg aus. Der Ministerialrat Steffen stellte unverbindlich rund 70 Prozent Landesmittel zur Errichtung in Aussicht. Das Amt Menden und der Landkreis Iserlohn sollten weitere Zuschüsse geben. Aufgrund dieser günstigen Finanzierung für den Orden gab es von Rom aus die Genehmigung, nun doch ein Krankenhaus in Wimbern zu bauen und die Trägerschaft für dieses übernehmen zu dürfen. Auch der Amtsdirektor Vaßen befürwortete eine solche Lösung.
Die Schwestern fühlten sich allerdings noch durch den Vertrag an die katholische Kirchengemeinde Fröndenberg gebunden und wollten diesem auch treu bleiben. Die Änderung kam für die katholische Gemeinde in Fröndenberg überraschend. Dort war man von einer reibungslosen Abwicklung der geplanten Änderungen ausgegangen. Das katholische Pfarramt St. Marien machte in einer Eingebung an den Rat der Stadt Fröndenberg deutlich, wie wichtig die Verlegung des Krankenhauses von Wimbern nach Fröndenberg sei und bat darum, dass dieser ein Votum abgebe, aus dem hervorgehe, dass sie von dem Rat gewünscht sei. Am Ende dieser Eingabe heißt es:
Wir sind in der Hoffnung, daß es allen Herren des Rates völlig klar ist, daß ein Neubau in Wimbern es der Stadt und dem Amt Fröndenberg für alle Zeiten unmöglich macht, ein gesundes Vollkrankenhaus zu erhalten.
Eingabe des kath. Pfarramtes St. Marien Fröndenberg an den Fröndenberger Rat
Die Entscheidung der Frage, ob der Neubau eines Krankenhauses in Wimbern oder Fröndenberg verwirklicht werden sollte, musste in einem nächsten Schritt geklärt werden. Dazu besuchte der Arbeits- und Sozialminister Konrad Grundmann Wimbern und Fröndenberg und die entsprechenden Krankenhäuser. Am 6. Februar 1964 teilte Grundmann in einer Abschlussbesprechung, an der auch Bürgermeister Sartorius teilnahm, seine Entscheidungen mit:
- Das Krankenhaus in Wimbern soll als Zentralkrankenhaus mit 220-230 Betten neu gebaut werden
- Das evangelische Krankenhaus in Fröndenberg soll modernisiert und auf 110 Betten erweitert werden
- Das katholische Krankenhaus in Fröndenberg soll auf 90 Betten erweitert werden.
Die Schwestern sicherten dem katholischen Krankenhaus in Fröndenberg ihr Verbleiben zu, bis sich neues Personal gefunden habe. Die Gesundheitsbehörde sicherte den Schwestern Hilfe zum Neubau ihres Krankenhauses zu, sofern sie bereit seien, zusätzlich eine Pockenisolierstation auf dem Gelände zu errichten und die Pflege dieser Patienten zu übernehmen. Das war die Geburtsstunde der Pockenbehandlungsstelle, die Anfang der 1970er Jahre im Mittelpunkt der Öffentlichkeit stand.
Im selben Jahr begannen die Verhandlungen mit Baron von Boeselager wegen des Erwerbs eines Baugrundstückes für das Krankenhaus. Das Krankenhaus sollte elf Millionen Mark kosten, das Schwesternwohnheim dreieinhalb Millionen Mark. 1966 überreichte das Herz-Mariä-Krankenhaus einen Finanzierungsplan.
Nach dreijähriger Bauphase konnte am 29. September 1971 das Marienkrankenhaus eröffnet werden. Die Baracken wurden nach dem Umzug abgetragen. An der Stelle der ehemaligen Kapelle wurde als Erinnerungszeichen ein Glockenturm erbaut. Architekt des Neubaus war Architekt Vedder aus Menden, der bereits das Heilig-Geist-Kloster geplant hatte. Die jeweils mit drei Betten ausgestatteten Zimmer waren mit einem eigenen Wasch- und Toilettenraum sowie einem eigenen Balkon ausgestattet.
Das neu erbaute Krankenhaus verfügte einerseits über technische Möglichkeiten zur automatischen Überwachung der Patienten, andererseits über Geräte, die bei akutem Herzversagen unter Umständen allein in der Lage sind, das Leben des Kranken zu retten. Eine weitere Neuerung war die durch Bildschirme erweiterte Röntgenabteilung.
Chefärzte im Marienkrankenhaus waren:
- Dr. Mangeot (Innere Abteilung, 80 Betten)
- Dr. Franckson (Chirurgische Abteilung, 70 Betten)
- Dr. Loeser (Gynäkologie und Geburtshilfe, 50 Betten).
Als Belegärzte waren Dr. Helmut Flacke (Hals-, Nasen- und Ohrenarzt) und Dr. Nase (Augenarzt) tätig. Ab dem 1. November 1971 sollte das Angebot durch eine Narkose-Fachärztin erweitert werden. Die Kinderabteilung unter der Leitung von Frau Dr. Lammers wurde vor dem Umzug in den Neubau geschlossen.
Das Marienkrankenhaus zeichnete sich weiter durch Gemeinschaftsräume, Speise- und Aufenthaltsräume für das Personal, eine Cafeteria und ein Bewegungsschwimmbad aus. Außerdem wurde dem Krankenhaus eine Kapelle angegliedert. Diese wurde einen Tag nach der Einweihung des Krankenhauses, am 30. September 1971, geweiht. Patienten konnten die Kapelle Tag und Nacht besuchen. Die künstlerische Gestaltung übernahm Schwester Serviane, Johanna Wollseifen. Nach ihrem plötzlichen Tod am 30. März 1971 wurde die endgültige Ausführung dem Bildhauer Herbert Lorenz aus Menden anvertraut.
Lehrlinge, Krankenpflegeschülerinnen, Praktikantinnen und Schwesternhelferinnen konnten in Wohnheimen untergebracht werden.
1988 wurde die „Gemeinschaft der Freunde und Förderer des Marienkrankenhauses Wimbern e.V.“ gegründet (siehe Seite 184).
In den Jahren 1990 bis 1992 zog die Verwaltung in das Schwesternwohnheim. Der Krankenhausvorplatz wurde neu gestaltet und der Bettentrakt erweitert.
1991, zum 40jährigen Jubiläum, konnten der Bauabschnitt der Chirurgischen Ambulanz sowie die Liegendanfahrt fertiggestellt werden.