In der Vergangenheit ereigneten sich in Wimbern einige tragische Unglücksfälle, welche in der Bevölkerung tiefste Betroffenheit auslösten. Wir haben uns entschieden, auch diese in unserer Chronik aufzunehmen, nicht aber aus Sensationsgier, sondern weil auch sie einen Teil unserer Dorfgeschichte ausmachen.
1862
Im Winter des Jahres 1862 – am 10. Februar – erschütterte ein schrecklicher Fund die Bevölkerung Wimberns. An jenem Tag wurde die Leiche der 19jährigen Sophia Sommer mit durchschnittener Kehle in der Nachtigall gefunden. Sie kam durch einen Hirschfänger zu Tode.
Sophia Sommer war die Tochter eines Bösperder Schuhmachers. An ihrem Todestag brachte Sophia ihren Bräutigam nach Werl zur Bahn. Ihr Vater hatte ihr aufgetragen, mit der Postkutsche nach Bösperde zurückzukehren. Das nötige Fahrgeld hatte er ihr gleich mitgegeben. Sophia kam aber nie wieder zu Hause an.
Berichten der „Mendener Zeitung“ zufolge ging in Menden seinerzeit das Gerücht um, dass der damalige Bürgermeister Holzapfel eifersüchtig auf den Bräutigam des Mädchens gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Tat soll er sich mit einer Jagdgesellschaft in der Nähe des Tatortes aufgehalten haben. Die Tat konnte niemals aufgeklärt werden. Die nicht nachgewiesene Verbindung wäre besonders heikel im Hinblick auf eine vom Bürgermeister Holzapfel ausgesetzte Belohnung in Höhe von 150 Thalern zur „Anspornung weiterer Entdeckungsversuche“.
Zeitungsberichten zufolge musste sich der Bürgermeister damals wegen Wechselbetrügereien in die Vereinigten Staaten absetzen.
In der Nachtigall erinnert noch heute ein Gedenkstein für Sophia Sommer an die schreckliche Tat.
1923
Anfang Februar des Jahres 1923 erschienen in der „Mendener Zeitung“ – die auch „Westfälischer Telegraph“ genannt wurde – mehrere Artikel zu dem Mordfall Langes. Demnach könnte eine Verwechselung die Ursache für den Tod von Joseph Langes gewesen sein.
Am Abend des 6. Februar 1923 fuhr der Arbeiter Hallermann aus Wimbern mit dem Fahrrad zur Nachtschicht nach Wickede. Mit sich führte er eine große „Barschaft“, die ihm zu Hause nicht sicher genug aufgehoben war. Da er daraus nie ein Geheimnis gemacht hatte, war dies auch bei seinen Kollegen durchaus bekannt. Ebenso machte er aus der Mitführung einer Pistole zu seinem Schutz kein Hehl. Bereits nach kurzer Fahrt wurde er von zwei Männern überfallen und vom Rad gestoßen. Diese raubten das Geld und verletzten ihn an der Schulter. Die Täter flüchteten, und Hallermann gab einige ungezielte Schüsse in die Luft ab, um den Räubern Angst einzujagen.
Den Erzählungen nach versteckten sich die beiden Täter hinter den großen Bäumen an der heutigen Bundesstraße 7. Sie konnten von dort aus jedoch nicht beobachten, dass Hallermann in der Schmiede von Carl Schröder Zuflucht suchte.
Kurze Zeit später passierte Josef Langes genau diesen Bereich. Langes war damals unmittelbar nach der Geburt seiner jüngsten Tochter Agatha von der Hebamme nach Wickede zur Apotheke geschickt worden, um eine wichtige Arznei zu holen. Da diese dringend benötigt wurde, fuhr er mit seinem Fahrrad eilig die Bundesstraße 7 entlang. Die beiden Täter sahen ihn und vermuteten in ihm wohl den zuvor von ihnen überfallenen Hallermann. Da sie die vorher abgegebenen Schüsse gehört hatten, wussten sie, dass er eine Waffe mit sich führte. Aus Angst vor einem Racheakt gaben die Täter zwei Schüsse ab. Einer streifte Langes an der Schulter, der andere „drang in seinen Leib“. Josef Langes konnte sich noch zum nächst gelegenen Haus schleppen und wurde dann zu seinem Schwager gebracht, wo er jedoch morgens gegen sechs Uhr verstarb. Er hinterließ seine Frau und fünf unmündige Kinder.
Den Erzählungen nach soll der Mörder der Schweizer (=Melker) vom Beringhof gewesen sein. Obwohl er damals kein Geständnis ablegte und die Tat leugnete, wurde er inhaftiert. Überführt wurde er Erzählungen nach durch einen Mann, der in der Amtsverwaltung Menden unter dem Namen „der lange Hufnagel“ bekannt war. Dieser ließ sich – getarnt als Mörder – zu dem mutmaßlichen Täter in die Zelle sperren. Dort soll er dem Schweizer erzählt haben, dass er an einer schweren Schuld zu tragen habe, weil er einen Menschen getötet hätte. Der Schweizer soll entgegnet haben, er solle sich deswegen nicht so aufregen, er selber habe auch jemanden erschossen: den Landwirt Langes.
1928
Der unter dem Begriff „Brudermord“ bekannte Unglücksfall ereignete sich in den letzten Tagen des Jahres 1928 – am 27. Dezember – und sorgte lange Zeit für tiefste Betroffenheit in Wimbern.
Heinrich war der älteste Sohn der Familie Gurris und sollte einmal das Hoferbe antreten. Im Krieg wurde er jedoch verschüttet und erlitt als Folge eine Nervenerkrankung. Erzählungen nach veränderte diese Krankheit sein Wesen derartig, dass seine Eltern erwogen hatten, nicht mehr ihm, sondern seinem jüngeren Bruder Wilhelm den Hof zu vererben. Dies soll zu Feindschaft und Hass zwischen den Brüdern geführt haben.
Heinrich soll im Zustand der Trunkenheit häufig die Absicht erklärt haben, seinen Bruder zu erschießen. Nach einem heftigen Streit zwischen den Brüdern schoss Heinrich in der Küche des Hauses mit dem Schrotgewehr auf seinen Bruder, der unmittelbar an den Verletzungen starb.
Der anschließende Versuch Heinrichs, sich mit dem Gewehr selbst umzubringen, missglückte, und er wurde zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Die relativ geringe Haftstrafe lässt darauf schließen, dass selbst die Gerichte dieses Unglück mit der Wesensveränderung Heinrichs in Verbindung brachten, die durch die schrecklichen Erlebnisse im Krieg hervorgerufen worden waren. Anfang der 30er Jahre siedelte er in die heutigen neuen Bundesländer über. Über seinen weiteren Verbleib ist nichts bekannt.
1939
Josef Bilge lebte ganz in Erwartung und Vorfreude auf die Priesterweihe seines Sohnes Josef, Diakon im Kloster St. Augustin bei Siegburg. Am Nachmittag des 17. Juni 1939 stand er in seiner Haustür. Zur gleichen Zeit schoss der damals 25jährige Heinrich Schüpstuhl mit einem Sechs-Millimeter-Telsching auf Spatzen, die auf dem Acker saßen. Schüpstuhl konnte Bilge nicht sehen, weil ein großer Baum die Sicht versperrte. Eines der Geschosse musste auf einen Stein geprallt sein, denn plötzlich wurde der in der Haustür stehende Bilge von einem Blindgänger in den Bauch getroffen. Schwer verletzt wurde er sofort von Dr. Gaugel mit dem Auto ins Krankenhaus nach Wickede gebracht, wo er operiert werden musste. Seine letzte Frage vor der Operation war, ob er denn zur Priesterweihe seines Sohnes wieder gesund sei – was bejaht wurde. Seine inneren Verletzungen waren jedoch so schlimm, dass er aus der Narkose nicht wieder erwachte.
Am 16. September 1939 empfing Diakon Josef Bilge in St. Augustin seine Heilige Priesterweihe.
1946
Ein Opfer der Wirren der Nachkriegszeit wurde die 16jährige Edeltraut Mentken aus Herne, die auf dem Hof Goeke in Wimbern ihr Pflichtjahr absolvierte. Ihr Schicksal bewegte im Nachkriegsjahr 1946 und in den folgenden Jahren die Wimberner.
Am 27. Februar 1946 sollte die Arbeitszeit von Edeltraut Mentken in Wimbern beendet sein. Für ihre Rückreise nach Herne benötigte Edeltraut eine vom Bürgermeister beglaubigte Reisegenehmigung. Am Abend des 27. Februar verließ sie unter den Augen ihrer Mutter den Hof Goeke, um sich beim Bürgermeister Großkettler diese Genehmigung zu holen. Dort ist sie jedoch nie angekommen. Dorfbewohner und Polizei suchten Tage und Nächte nach dem Mädchen – ohne Erfolg. Trotz aller polizeilicher Ermittlungen konnte das Schicksal nie geklärt werden. 23 Jahre später – am 4. März 1969 – wurde der Fall neu aufgerollt. Auch diese Wiederaufnahme blieb ergebnislos.
Der Gebirgsbach
Dem Archiv der „Mendener Zeitung“ sind noch weitere Unglücksfälle zu entnehmen, die sich in Wimbern ereigneten, aber nur indirekt Bezug zum Ort hatten. Stellvertretend geben wir einen Fall wieder, über den am 1. März 1937 berichtet wurde und der aufgrund der geographischen Angaben ins Auge fiel:
Der 49 Jahre alte Arbeiter Th. Schmitz aus Dortmund, der sich zur Zeit im Aufbaulager bei Huxmühlen (Gemeinde Echthausen) befand, geriet in Wimbern in einen Gebirgsbach und ertrank. Er wurde von seinen Arbeitskameraden geborgen, die das Amt Menden benachrichtigten, das seinerseits die Überführung nach Menden anordnete.
„Mendener Zeitung“ vom 1. März 1937