In der vorpreußischen Zeit, als Wimbern noch zum Herzogtum Westfalen gehörte, bis 1802 kurkölnisch und anschließend bis 1816 großherzoglich hessisch war, ist der Name des Dorfes in den postgeschichtlichen Unterlagen nicht genannt, obwohl die 1793 eingerichtete Fahrpost und vorher verkehrende Kuriere von Werl nach Arnsberg und zurück sicherlich den Weg über Wimbern nahmen und auch die großherzoglich hessische Reitpost von Arnsberg nach Iserlohn durch Wimbern geführt wurde.
Während über drei Jahrhunderte die Familien Schlünder von den Erträgen der Landwirtschaft lebten, Ödland kultivierten und hierdurch bei gleichen Pachtabgaben die Erträge aus Ackerbau und Viehzucht steigerten, bot sich ihnen Anfang des 19. Jahrhunderts die Gelegenheit, einen neuen Erwerbszweig anzugliedern, der mit der Landwirtschaft in Einklang stand.
Mit dem Ausbau des Postverkehrs im Herzogtum Westfalen und anschließend im Königreich Preußen, verbunden mit dem Bau von Strassen, begann ein neues Leben für die Menschen „Am Graben“ und anschließend „Am Schlünder“. Bereits damals gab es in Wickede eine hölzerne Brücke über die Ruhr, die von den Erbsälzern der Stadt Werl gebaut wurde, damit sie ihr Salz auch südlich der Ruhr absetzen konnten.
Josef Bering berichtet in seiner Familiengeschichte, dass die Hessen Anfang des 19. Jahrhunderts eine Reiterpost einrichteten, die wöchentlich dreimal zwischen Arnsberg, Werl und Iserlohn verkehrte und von Schlünder „Am Graben“ unterhalten wurde.
Diese Posthalterei Schlünder hatte einst in dem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Bauernhaus „Schlünder am Graben“, dem größten und ältesten Hof Wimberns, ihren Anfang genommen. Dort, etwa auf der Hälfte der neuen Chaussee Menden – Werl, kehrten im 19. Jahrhundert die Postboten noch einmal ein.
1816
Der von der Oberpostdirektion Arnsberg als preußischer Organisations-Kommissar eingesetzte Postsekretär Duesberg schloss am 15. August 1816 mit Severin Christoph Schlünder „Am Graben“ einen Vertrag. In diesem heißt es unter anderem, dass der letztgenannte die „Posthalterey als Mittelstation zwischen Arnsberg, Soest und Iserlohn übernimmt und sich verbindlich macht, alle diese Station betreffenden Extraposten, Stafetten und Couriere, welche bei ihm wechseln, schleunigst und höchstens nach Ablauf einer Stunde weiter zu befördern. Derselbe ist daher gehalten, eine hinreichende Anzahl Pferde und Wagen anzuschaffen und sich an die nachgesetzte Extraposttaxe vorläufig zu binden.“
Mit dem 6. August 1816, also rückwirkend, wurde der Vertrag wirksam, demnach waren mündliche Vereinbarungen vorausgegangen, und der Verkehr lief schon. Dieser Vertrag mußte dem „hochpreislichen General Post Amt in Berlin“ zur Genehmigung vorgelegt werden.
Die Extraposttaxe wurde wie folgt festgesetzt:
- für ein Extrapost Pferd Reuten oder Fahren per Station 2 f 40
- für ein Courier Pferd zum Reuten oder Fahren per Station 2 f 30
- für ein Estafetten Pferd per Station 1 f 30
- Trinkgeld für den eine Estafette reutenden Postillon per Station 0 f 8
- Trinkgeld für den eine Extrapost oder Courier reutenden oder fahrenden Postillon per Station 0 f 45
- für eine bedeckte oder unbedeckte Chaise per Station 1 f 00
- Schmiergeld ohne Rücksicht auf die Stations Entfernung 0 f 12
Auch die Entfernung zwischen den einzelnen Stationen in der näheren Umgebung war im Vertrag aus dem Jahr 1816 detailliert festgelegt:
- vom Graben bis nach Arnsberg 2 ¾ Meilen oder eine Station
- vom Graben nach Soest 3 Meilen oder 1 ½ Station
- vom Graben nach Iserlohn 2 ½ Meilen oder eine Station
Anzumerken ist, dass der Buchstabe „f“ die Bezeichnung für Gulden ist; ein Gulden entspricht hierbei 60 Kreuzer. Bei den Entfernungsangaben ist mit „Meile“ die preußische Meile gemeint, diese entspricht zehn Kilometern.
1818
Waren bisher nur Extraposten, Kuriere und Estaffetten (besondere Art der Postbeförderung eiliger Sendungen durch berittene Boten, die unterwegs abgelöst wurden beziehungsweise an Relaisstationen Pferde wechseln konnten) durch die Posthalterei Wimbern zu versorgen gewesen, so änderte sich dies bereits 18 Monate später.
Am 27. Februar 1818 wurde zwischen Herrn Duesberg und Severin Christoph Schlünder ein Vertrag „wohlbedächtig und verabredet“ geschlossen, nach dem Schlünders die wöchentlich zweimal verkehrende Postfahrt zwischen Arnsberg und Wimbern und zurück selbst übernahmen. Die Kutsche war mit vier Pferden bespannt.
Mit der Vierer-Bespannung wurde die normale Ladung auf 2000 Pfund festgelegt. Wenn die Ladung dieses Gewicht überstieg, konnte pro 50 bis 500 Pfund ein zusätzliches Pferd genommen werden, bei über 1000 Pfund zusätzlich ein weiterer Wagen. Eine voll bezahlende Person wurde mit 120 Pfund berechnet, zuzüglich 50 Pfund Gepäck. Offensichtlich waren die Reisenden zur damaligen Zeit noch nicht so gewichtig wie heute.
In einem weiteren Absatz des Vertrages ist die Einstellung der Postillione geregelt. Diese mussten mindestens 17 Jahre alt und des Reitens und Fahrens kundig sein. Vor ihrer Beschäftigung mussten sie dem Postamt Arnsberg vorgestellt und vereidigt werden. Daraufhin erhielt der Postillion auf Kosten des Posthalters Unterricht im Blasen des Signals. Das „Königliche General Post Amt“ in Berlin genehmigte diesen „vom 1. Januar 1818 anstehenden Vertrag“.
Aus den Passagierbüchern der Station Schlünder sind die Namen folgender Postillione ersichtlich: Bürger, Hardt, Helmig (Wimbern), Voigt, Österberg (Oesbern), Beringhoff (Wimbern), Kirchhof, Becker, Jochheim (Vosswinkel), Bauerdick, Drees, Kraus, Niedermeyer, Pfeffer und Sturzenhecker.
Erwähnenswert ist auch eine soziale Maßnahme zugunsten der Postillione, auch Schwager genannt. Nach dem Dienstvertrag von 1818 musste der Posthalter jährlich 12 g(ute) Gr(oschen) in die Postillion-Armenkasse zahlen, damit der Schwager bei Unglücksfällen oder bei Eintritt von Dienstunfähigkeit eine Unterstützung erhalten konnte.Darüber hinaus mussten sie vom Posthalter untergebracht, verpflegt, besoldet und mit zwei Monturen ausgestattet werden.
Ab 1. Januar 1819 verkehrte von Arnsberg über Brilon nach „Scherwede“ (Scherfede) eine fahrende Post, die über Kassel in sechs Tagen eine Verbindung nach Berlin vermittelte. Am 1. Juli 1823 nahm diese vierspännig fahrende Postverbindung laut Bekanntmachung im Amtsblatt der Regierung Arnsberg ihren Weg von Berlin über Potsdam, Magdeburg, Quedlinburg, Nordhausen, Kassel, Arolsen, Bredelar, Brilon, Meschede, Arnsberg, Wimbern, Iserlohn, Hagen, Schwelm, Elberfeld und Solingen nach Köln.