Das „Führerprinzip“ in Wimbern

Im Jahre 1933 begann der Prozess der „Gleichschaltung“ als Vereinheitlichung des gesamten politischen und gesellschaftlichen Lebens im Deutschen Reich.

Das Führerprinzip war in diesem Zusammenhang ein politisches Konzept und eine Propagandaformel im deutschen Nationalsozialismus. Demnach sollte Adolf Hitler nicht nur militärisch, sondern auch in allen politischen und rechtlichen Gebieten die oberste Befehlsgewalt haben, ohne kontrollierende Instanzen. Das Führerprinzip wurde auf alle Lebensbereiche übertragen und erstreckte sich von staatlichen Organisationen bis hin zum Schrebergartenverein. Eine Gruppe (ein Volk, ein Verein, etc.) ordnete sich ohne Einschränkungen den Entscheidungen des jeweiligen Führers unter. Demokratische Mehrheitsentscheidungen fanden nicht mehr statt. Entscheidungen wurden von einer einzelnen Person getroffen, der gegebenenfalls Berater beigeordnet waren.

In Vereinen wurde das Führerprinzip Mitte des Jahres 1933 umgesetzt, was sich formal darin äußerte, dass der Vorsitzende des Vereins entsprechend der Gleichschaltung neu gewählt oder von oben bestimmt wurde. Seinen Vertreter ernannte er dann, was „der Genehmigung der höheren Stellen unterlag“. Danach nannte er sich nicht mehr „Vorsitzender“, sondern „Führer“.

Das Führerprinzip im Gemeinderat Wimbern 

Zusammensetzung des Gemeinderates:

  • Bürgermeister: Franz Schriek, Wimbern
  • Beigeordnete: Eberhard Filthaut, Wimbern; Franz Koerdt, Wimbern; Franz Korte, Wimbern; Kaspar Schumacher, Wimbern.1

In dem von den Nationalsozialisten erlassenen Gemeindeverfassungsgesetz vom 15. Dezember 1933 wird dem Leiter einer Gemeinde in § 28 gemäß dem Führerprinzip eine besondere Bedeutung zugeschrieben:

Die Entscheidungen über die Gemeindeangelegenheiten hat allein der Leiter der Gemeinde zu treffen. Er trägt die Verantwortung im vollen Umfange allein und kann sich ihr auch nicht mit dem Hinweis darauf entziehen, daß er ihm gegebenen Ratschlägen gefolgt sei.

Auszug aus § 28 des Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933

Diesen Vorgaben entsprach Bürgermeister Franz Schriek bei seiner Aufgabe als Bürgermeister der Gemeinde. In dem „Niederschriftsbuch über die Entschließungen des Leiters der Gemeinde“ heißt es sinngemäß immer:

Nach Anhörung der Gemeinde-Räte fasse ich als Leiter der Gem. Wimbern folgenden Beschluß.

Protokollbuch der Gemeinde Wimbern, S. 21, Protokoll vom 18.09.1937

Am 23. Januar 1938 wurde Franz Schriek auch als Schiedsmann der Gemeinde Wimbern bestätigt.2

Das Führerprinzip in der Bauernschaft 

Der Ortsbauernführer war in der Zeit des Nationalsozialismus der Leiter der untersten Einheit im Aufbau des Reichsnährstandes. Auch die Bauern des Dorfes Wimbern wurden durch einen Ortsbauernführer offiziell vertreten, der für die von oben geforderten Versammlungen und landwirtschaftlichen Vorgaben verantwortlich war. Ortsbauernführer für Wimbern war in der Zeit Franz Korte-Gurris.3

Das Führerprinzip in der Schützenbruderschaft 

Auf einer außerordentlichen Generalversammlung der Schützenbruderschaft am 18. März 1934

… nahm Ortsgruppenleiter Wilhelm Pferdekämper4 das Wort. Er legte der Versammlung das Führerprinzip klar, worauf zur Gleichschaltung geschritten wurde.

Protokollbuch des Schützenvereins Wimbern

An der Spitze des Vereins stand nun der sogenannte Vereinsführer. Waren bisher alle Vorstandsmitglieder von der Generalversammlung demokratisch gewählt worden, wurde jetzt nur noch der Vereinsführer gewählt. Alle anderen Vorstandsmitglieder wurden vom Vereinsführer bestimmt.

Als erster Vereinsführer wurde 1934 Franz Schriek gewählt, ihm folgte im Jahr 1937 Kaspar Schumacher.

  1. „Mendener Zeitung“, 04.11.1937 ↩︎
  2. „Mendener Zeitung“, 06.02.1938 ↩︎
  3. Handbuch der Landesbauernschaft Westfalen, 1941 ↩︎
  4. Wilhelm Pferdekämper (* 24.11.1881 in Schwerte; † 3.7.1961 in Menden) besaß und führte mit seinem Bruder in Menden einen gesunden mittelständischen Betrieb, der sich auf den Handel mit Elektroerzeugnissen spezialisierte. Die beiden Brüder gründeten im Jahr 1922 in Menden eine NSDAP-Ortsgruppe, die sich später stolz zu den ältesten in Westfalen rechnete. Als Ortsgruppenleiter widmete sich Wilhelm Pferdekämper vor allem der Propagandatätigkeit. (Schulte, 1993) ↩︎