Wie das Wimberner „Federvieh“ zu seinem Laster kam
Der Wimberner Schützenvogel hat seit vielen Jahren montags beim Vogelschießen etwas zum Rauchen im Schnabel. Schießmeister Detlef Carrie erinnert sich, wie es dazu gekommen ist:
Traditionen im Schützenverein kann man immer wieder beobachten. So ist es in Echthausen Tradition die Quadrille zu tanzen, in Wickede den Weckruf durchzuführen oder in Wimbern das alte Königspaar zu beerdigen. Wie diese Traditionen entstanden sind, weiß ich nicht, aber es könnte sich so zugetragen haben, wie eine kleine Begebenheit in Wimbern, die schon zu einer Tradition geworden ist.
Jeder weiß wahrscheinlich, wozu man fähig ist, wenn man das ein oder andere Bier getrunken hat und zu späterer Stunde, (ca. 2:00 Uhr nachts) nicht mehr so ganz Herr seiner Sinne ist. Da werden schon mal ein paar Blödeleien gemacht, ohne an die Folgen zu denken.
Es war in dem Jahr, als Rosemarie und Martin Kirch Schützenkönigspaar waren. Genauer gesagt der Schützenfest-Sonntag 1998. Der Hofstaat hatte alles daran getan, den Bier- und Schnapsumsatz zu steigern. Irgendwann aber waren die meisten Gäste, aus welchen Gründen auch immer, schon nach Hause gezogen.
Wir, der Hofstaat, kamen auf die Idee, den Schützenadler, der unter der Decke hing, zunächst mal aus seiner misslichen Lage zu befreien. Gesagt, getan. Irgendjemand holte die große Leiter, und schon war der Vogel in unseren Händen. Was sollte nun mit dem Federvieh geschehen?
Am frühen Schützenfest-Montag 1998 präsentieren Detlef Carrie (links) und Gerd Schulte („Ö“) den rauchenden Schützenvogel, der das Kleid einer Hofdame trägt.
Da nun alle noch im schicken Gewand auf der Treppe der Bühne saßen, wurde ihm erst mal eine Pampers umgebunden, um hässliche Flecken auf der Kleidung zu vermeiden. So lag er nun da, nur mit einer Windel bekleidet. Wärmende Federn hatte der hölzerne Vogel nicht, und wir hatten den Eindruck, er würde frieren. Die Jacke eines Vorstandsmitglieds passte nicht. Die Ärmel waren zu eng. Doch eine Hofdame hatte die Lösung: Sie stellte ihr Kleid zur Anprobe für den Vogel zur Verfügung. Und siehe da, das Kleid passte wie angegossen. Schön sah er aus! Aber irgendetwas fehlte noch, was zum guten Ton gehörte.
Man muss bedenken, dass die Zeiten noch etwas andere waren. Morgens konnte man noch genau riechen, wo man gewesen war – dort nämlich, wo viele Leute in geschlossenen Räumen geraucht hatten. Die Kleidung roch streng nach kaltem Rauch. Ja, das war da noch erlaubt! Die Raucher wurden nicht schief angesehen, wenn sie sich beim Bierchen auch mal eine Zigarette ansteckten. Es war eben nur der Gestank am anderen Morgen, der Licht ins Dunkel brachte. Man war am Tag zuvor wohl beim Schützenfest gewesen.
So bekam das Federvieh auch noch eine Zigarette in den Schnabel. Jetzt war er perfekt. Einen Schützenvogel im Hofstaatkleid mit Pampers und Zigarette hatte es noch nicht gegeben. Schnell wurden noch ein paar Fotos gemacht. Die Hofdame bestand verständlicherweise aber darauf, nicht ohne ihr Kleid nach Hause zu gehen. Auch die Pampers schmückte den Vogel nicht wirklich. So blieb ihm nur die Zigarette in seinem Schnabel. Wir gingen irgendwann auch alle nach Hause, und der arme Adler blieb allein in der Schützehalle zurück.
Ich als Schießmeister hatte am Montag die Aufgabe, den Vogel in seinen Adlerhorst zu setzen. Um acht Uhr war ich wieder an der Halle, doch der Vogel war nicht mehr da. Dabei war ich mir sicher: Er liegt auf der Bühne auf dem Tisch. Ich konnte ihn aber nicht finden. Hatten wir zu viel Unsinn mit ihm getrieben, und er war geflüchtet? War er vielleicht Nichtraucher? Noch vom Alkohol benebelt, kommen einem schon mal solche Ideen. Keiner meiner Kollegen wusste, wo er war. Ich suchte die Halle ab. Kein Adler zu finden. Bei genauerem Hinsehen bemerkte ich bei dem ein oder anderen ein Grinsen. Versteckt hatten sie den Adler. Auf dem Dachboden fand ich ihn dann. Die Zigarette noch im Schnabel. Es sah so aus, als wenn er die Zigarette nicht mehr abgeben wollte.
So kam er dann in den Kugelfang und wurde hochgezogen. Nach der Andacht zogen wir zur Vogelstange, und die Ehrenschüsse sollten absolviert werden. Als erstes die Geistlichkeit, gefolgt vom König und dann der damalige Brudermeister, Caspar Bilge. Er zielte, sah die Zigarette und fragte: „Warum raucht unser Vogel?“ So etwas hatte auch er noch nicht gesehen.
Seitdem hat der Vogel immer etwas im Schnabel, was mit Rauchen zu tun hat – Zigarre, Pfeife oder Zigarette. Es werden nicht nur die Krone, Flügel sowie Apfel und Zepter abgeschossen. Auch die Zigarette hat einen festen Platz auf der Liste der abgeschossenen Insignien.
So entstand eine kleine Tradition, die hoffentlich auch weiter geführt wird, wenn ich als Schießmeister nicht mehr im Amt sein werde.
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