Relief an der Schützenhalle: Ein Dorf und seine Ortsteile

Seit Ende des Jahres 2015 hängt an der Schützenhalle das Relief mit den Wimberner Ortsteilen. Noch vor dem Schützenfest 2016 soll aus „Graben“ „Am Graben“ werden.

Wimbern
Ein Dorf

So steht es seit neuestem an der Nordwestwand der Schützenhalle geschrieben. „Natürlich“, werden Sie sagen, „ist Wimbern ein Dorf“. Aber Wimbern ist eben auch „Ein Dorf“.

Aber der Reihe nach: Im Jahre 2013 erhielt das Dorf Wimbern eine finanzielle Zuwendung der Volkbank Wickede, die der Schützenbruderschaft Wimbern als größtem Verein des Ortes zur treuhänderischen Verwaltung und Verwendung im Sinne des Dorfes übergeben wurde. Eine erste Idee war es, an den jeweiligen Ortseingängen, also aus Richtung Voßwinkel, Wickede, Menden und Oesbern kommend, Hinweistafeln aufzustellen, um so den Besucher oder auch nur „Durchreisende“ willkommen zu heißen. Solche Begrüßungstafeln finden sich im gesamten Sauerland sehr häufig, und sie sind eine schöne Visitenkarte für jeden Ort. Mit viel Enthusiasmus wurden gleich viele Vorschläge zur individuellen Gestaltung gemacht, und so mancher konnte vor seinem geistigen Auge die Schilder bereits sehen.

Leider machte wieder einmal der Amtsschimmel einen dicken Strich durch diese Rechnung. Eine Anfrage bei den jeweiligen Straßenbaulastträgern ergab, dass derlei Beschilderung als Werbung eingestuft wird und zumindest entlang der Bundesstraße 7 nicht zulässig sei, da die Gemarkung Wimbern keine geschlossene Ortschaft sei und mithin keine Ortsdurchfahrt besitze. Die geplanten Tafeln jedoch seien nur an Ortsdurchfahrten genehmigungsfähig.

Es musste also ein neuer Plan her, und so lud die Bruderschaft Vertreter der Wimberner Vereine und alle interessierten Bürger zu einem Treffen ein, in dessen Rahmen andere Ideen entwickelt werden sollten. Neben einer Vielzahl von sehr guten Vorschlägen kristallisierte sich dann aber schnell heraus, dass zunächst versucht werden sollte, dem Dorf Wimbern ein gemeinsames Gesicht zu geben.

Aufgrund seiner Geografie ist Wimbern tatsächlich auf den ersten Blick nicht unbedingt als zusammenhängendes Dorf zu erkennen. Die Bewohner des „Streudorfes“ Wimbern mussten schon immer sehr viel Toleranz und Integrationsfähigkeit beweisen, um allen Ortsteilen und deren Bewohnern und Zugezogenen eine Heimat zu bieten. Eine Heimat, mit der sie sich identifizieren konnten, sich eins fühlten mit der Umgebung, ihrem Zuhause, ihren Nachbarn und den Vereinen des Dorfes. Diese Integrationsfähigkeit war vor allem gefordert, als viele Heimatvertriebene ab 1950 zuzogen, insbesondere in den Ortsteil Nachtigall, der heute der einwohnerstärkste Wimberns ist. Die aus ihrer Heimat vertriebenen Menschen konnten sich langsam mit Wimbern identifizieren.

Wesentlich dazu beigetragen haben die Schützenbruderschaft als größter Wimberner Verein und auch der 1960 gegründete Schießklub, deren Gründungsmitglieder teilweise aus der Nachtigall kamen. Unsere Schützenbruderschaft hat frühzeitig in den 1950er Jahren Wert darauf gelegt, dass auch Männer aus der Nachtigall dem Vorstand beitraten.

Ob nun die „Nachtigall“ im Westen, der „Graben“ im Norden, „Lütkenheide“ im Süden oder der alte Ortskern mit „Ober“- und „Unterdorf“ im Osten, Wimbern ist auch heute noch recht zersiedelt. Insgesamt gibt es innerhalb der Grenzen des Dorfes zudem noch weitere vier historische Flecken, nämlich „Hux-Mühle“ an der Grenze zu Echthausen, „Beringhof“, „Schlünderhof“ sowie „Klein Hamburg“.

Um nun so etwas wie eine „corporate identity“ zu schaffen, gleichsam eine Klammer, die all die Wimberner Örtlichkeiten integrativ zusammenhält, wurde ein Projekt in Angriff genommen, bei dem an einem zentralen Ort im Dorf ein Objekt zu sehen sein soll, das die Grenzen des Gesamtortes skizziert und die einzelnen Gebiete darin namentlich darstellt.

In diesen „Ortsteilen“ wiederum werden kleinere Schautafeln oder Stelen aufgestellt, auf denen der nachfolgende Abriss der jeweiligen Historie zu lesen sein wird und die darüber hinaus den Bezug zu der „Hauptinstallation“ herstellen sollen.

Am Graben: Erstmals erwähnt wird der Graben im Jahre 1250 und um 1278 als „Grafwech“, wo sich zwei Güter befanden. Der Name „Graben“ oder „Am Graben“ wird auch erwähnt, als Johan Slunders am 23. Dezember 1474 einen Hof „tom Gravweghe“ von Adolf Fürstenberg zu Höllinghofen kaufte. Im Wesentlichen sind dort zu erwähnen die Höfe Schlünder, Humperts Kotten und Korte. Hinzu kamen dann im 19. Jahrhundert Schlünders Mühle, später die Brotfabrik und die alte Molkerei, deren Gebäude heute noch steht (Firma Fehling). Als bedeutsam ist „Am Graben“ auch die Ruhrbrücke zu nennen, die Wickede (Ruhr) und Wimbern miteinander verbindet.

Lütkenheide: Der Ortsteil, der im Hochdeutschen mit „Kleine Heide“ zu übersetzen ist, liegt am westlichen Rand Wimberns an der Grenze zu Menden. Ein Teil gehört zu Oesbern (unter anderem Haus Osterhaus), der andere Teil zu Wimbern (Hof Bettermann). Weitere, ähnlich geläufige Flurbezeichnungen lauten „Wimber Heide“ (zwischen Feldweg und Mendener Straße) und „In der langen Heide“ (zwischen Helmichs Ufer und Stakelberg).

Nachtigall: Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es darum, möglichst schnell neuen Wohnraum zu schaffen, auch für die aus den Ostgebieten kommenden Heimatvertriebenen. Mit der Erschließung des Baugebietes „Nachtigall“ bekam die Bevölkerungsstruktur einen neuen Impuls. Zwar hatte schon in früheren Zeiten, etwa bis 1890, ein Haus oberhalb des heutigen Bolzplatzes gestanden, im Prinzip wurde aber auf dem ehemaligen Gelände des Freiherrn von Boeselager eine neue Siedlung geschaffen. 1949/1950 begannen die ersten Bauarbeiten und zwar für das Haus Weische (Nachtigall 3), zuerst fertiggestellt wurde das gegenüberliegende Gemeindehaus (Nachtigall 2 beziehungsweise 4). Danach entstanden die weiteren Häuser, insgesamt wird dieser Siedlungsteil heute als „alte Nachtigall“ bezeichnet. Von 1951 bis 1982 befand sich im Hause Weische die Gaststätte „Zur Waldeslust“. Von 1954 bis 1966 führte das Haus Weische auch einen Lebensmittelladen.

Oberdorf: Dieser Ortsteil beinhaltet die Häuser westlich der B 7, den Bachweg, die Lendringser Straße und den Oesberner Weg – Ausnahmen bilden hier die Höfe Goeke und Fildhaut, die ehemalige Gaststätte „Zum kühlen Grunde“ sowie die Wohnhäuser der Familie Gerd Fildhaut und Christine Fildhaut. Diese gehören zum Unterdorf. Der Begriff „Oberdorf“, der sich vermutlich erst im Laufe der vergangenen Jahrhunderte herauskristallisiert hat, ist als topografischer Unterschied zum „Unterdorf“ zu sehen, das durch die Führung des Wimber Bachs niedriger liegt. Vor diesen Bezeichnungen galten die alten Flurbezeichnungen.Zum Oberdorf gehören auch die Flurbezeichnungen „Am Kaichenbrink“, „Auf´m Binnerkamp“ und „Auf dem Barrestück“. Als Höfe sind dem Oberdorf der Hof Gosmann (heute Knieper), der Hof Brinkmann (heute Schriek) und der Hof Langes (heute Köttendorf) zuzuordnen. Darüber hinaus gehören das Haus Helmig (jetzt Luig) und das Haus Spiekermann (später Wälter), sowie der Hof von Reinhard Fildhaut dazu.

Unterdorf: Dieser Wimberner Ortsteil besteht aus dem Feldweg, der Wiesenstraße, der Arnsberger Straße und Kalt­hofs Wiese. Als Höfe sind dort angesiedelt der Hof Bilge (Kalthof), Hof Schlünder (später Gurris), Korte (heute Familie Klaus) sowie kleinere Höfe wie Schüpstuhl (heute Arndt), Severin (später Schüpstuhl, heute im Besitz der Familie Klaus) sowie Nadermann (später Koerdt, heute Familie Klaus). Der Hof Fildhaut, die Gaststätte „Zum kühlen Grunde“ und der Hof Goeke müssen ebenfalls dem Unterdorf zugerechnet werden, ebenso die Häuser der Familie Gerd Fildhaut sowie von Christine Fildhaut. Zum Unterdorf gehörte auch die alte Wasch- und Bleichstelle am Wimber Bach hinter dem Haus Beringhof. Neben dem Haus Schulte an der Wiesenstraße, das ehemals Pastor Neuhaus gehörte, stand das Spritzenhaus der Freiwilligen Feuerwehr Wimbern. Dies war bis 1959 in Betrieb und wurde 1977 abgerissen. Im Jahre 1966 wurde an der Wiesenstraße die Schützenhalle gebaut.

Klein Hamburg: Kleine Siedlung am östlichen Rand von Wimbern am Wimber Bach. Dort stehen drei Häuser. Das erste wurde im Jahre 1876 von Clemens Schüpstuhl (heute Gutland) erbaut, ein weiteres von Fritz Beringhoff. Dort lebte früher die Familie Bilge, heute ist es im Besitz der Familie Bieker. In jenem Haus soll früher auch ein Bäcker gelebt haben, der vor seinem Haus einen Backs (kleines Backhaus) betrieb. Sein Name: Hamburg – daher der Name „Klein Hamburg“. Außerdem gehört zu diesem Wimberner Ortsteil auch das Haus von Josef Schüpstuhl (später Christoph und Theresia Schüpstuhl – letztere wurde liebevoll „Pussi-Tante“ genannt), das sich heute im Besitz der Familie Kipp befindet.

Schlünderhof: Severin Christoph Schlünder „Am Graben“ schloss mit der Oberpostdirektion Arnsberg am 15. August 1816 einen Vertrag. In diesem heißt es unter anderem, dass der letztgenannte die „Posthalterey als Mittelstation zwischen Arnsberg, Soest und Iserlohn übernimmt und sich verbindlich macht, alle diese Station betreffenden Extraposten, Stafetten und Couriere, welche bei ihm wechseln, schleunigst und höchstens nach Ablauf einer Stunde weiter zu befördern. Derselbe ist daher gehalten, eine hinreichende Anzahl Pferde und Wagen anzuschaffen und sich an die nachgesetzte Extraposttaxe vorläufig zu binden.“ Erfüllt wurde dieser Vertrag zunächst von Schlünders am Graben. Als der Postverkehr dann ab 1820 stetig zunahm, mussten neue Räumlichkeiten her. Zwischen 1821 und 1822 entstand die Poststation „Am Schlünder“ mit einem geräumigen Posthaus und Pferdeställen sowie Wagenremisen, wie sie heute noch existieren. Das frühere Haupthaus beherbergt heute das Hotel und Restaurant „Alte Poststation“.

Hux-Mühle: Im Volmarsteiner Lehenbuch III, das in den Jahren 1351 bis 1432 entstand, ist vermerkt: „Ritter Hermann von Altena ist belehnt mit 2 Gütern Nahe Grafwegh, als da sind: ein guter Hof genannt Hukeshol und zwei oder drei Hufen die dazu gehören, gelegen in der Pfarrei Menden.“ Mit Hukeshol ist wohl das Gebiet am Schwarzen Weg gemeint, wo die „Hux- Mühle“ gestanden hat und Graber Bach und Wimber Bach zusammentreffen. Die Mühle wird urkundlich bereits im Jahre 1563 erwähnt. Sie gehörte seit jeher zum Hause Höllinghofen. Der Name ist abgeleitet von der Flurbezeichnung Huxhol (feuchte Gegend, Kröten). Die Mühle stand genau auf der Grenze zwischen Wimbern und Echthausen. Sie wurde im Jahre 1922 stillgelegt. Der letzte Pächter war Hermann Wälter, genannt „Wälters Herm“, der dort ein kleines Ausflugslokal betrieb. 1960 wurde das Gebäude abgerissen. Heute befindet sich dort ein Holzlagerplatz und gegenüber ein großes Biotop, das vom Wimber Bach gespeist wird.

Beringhof: Der erste schriftliche Nachweis über eine Besiedlung findet sich in einer Urkunde aus dem Jahre 1036. Im Zusammenhang mit Höllinghofen, Övinghausen, Wickede und Höingen wird auch eine Lokalität „Beringthorpe“ genannt. Mehrere Historiker bezogen diese Nennung auf den Beringhof an der Ruhr. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Namensform „Bering­thorpe“. Die zweite Hälfte des Wortes („thorpe“) ist mit „Dorf“ zu übersetzen. Dass diese Deutung richtig ist, zeigt eine Urkunde aus dem Jahre 1175, in der von der „Villa Berincdorp“ die Rede ist. In dieser Bezeichnung finden sich gleich zwei Hinweise auf die Existenz eines Dorfes: Das Wort „Villa“, welches in der Hauptbedeutung für „Dorf“ steht, und die Silbe „dorp“. Die erste namentliche Erwähnung Wimberns findet sich in der kleinen Isenberger Vogteirolle, die vor 1220 entstanden ist.

Der erste Teil des Projekts wurde im Oktober 2015 mit der Montage des Reliefs „Wimbern – Ein Dorf“ an der nordwestlichen Wand der Schützenhalle in der Wiesenstraße umgesetzt. Zum Redaktionsschluss dieser Chronik war mit der Erstellung der Stelen begonnen worden.