Bindeglied der Gemeinschaft

Ein Jahr später wurde erstmals der Bau einer neuen Schützenhalle diskutiert und dazu das später tatsächlich genutzte Grundstück an der Wiesenstraße ins Auge gefasst.

Kinderschützenfest 1964 (von links, stehend): Gisela Coerdt, Mechthild Schmidt, Karl-Heinz Schüpstuhl, Monika Coerdt, Caspar Bilge und Dagmar Ritzenhoff; (hockend): Franz Korte, Marion Bormann.

Zuvor aber dokumentierte das Kinderschützenfest 1964 in besonderer Weise die frühe Verbundenheit unseres späteren Brudermeisters Caspar Bilge mit dem Schützenwesen, sahen die Besucher ihn damals als Kinderkönig vom feierlichen Festzug umrahmt im Bollerwagen sitzen. Auf eine/n Nachfolger/in musste Caspar bis 1997 warten, als das erste Kinderschützenfest der „Neuzeit“ gefeiert wurde.

1965 intensivierten sich die Bemühungen um den Bau einer neuen Schützenhalle. Die zunächst angestrebte Baugenehmigung am Feuerwehrgerätehaus wurde jedoch von der zuständigen Baubehörde ebenso abgelehnt wie ein späterer Einspruch beim Arnsberger Regierungspräsidenten. Daraufhin wurde in Erwägung gezogen, das bereits erwähnte Grundstück der Gemeinde Wimbern an der Wiesenstraße zu bebauen. Ein Teil der Kosten eines Neubaus sollte durch den Verkauf der alten Halle an Caspar Schumacher gedeckt werden.

Wie eng der Zusammenhalt der Bruderschaft in jener Zeit war, unterstreicht, dass sich jeder Schützenbruder verpflichtete, eine Spende von 100 Mark aufzubringen. Die Restfinanzierung in Höhe von 25.000 Mark sollte, so beschloss die Generalversammlung 1967, durch die Aufnahme eines Darlehens sichergestellt werden.

Die Schützenbrüder fieberten dem Baubeginn geradezu entgegen; das belegt unter anderem eine Eintragung des damaligen Schriftführers Franz Schriek in den Jahresbericht:

Nach langem Warten trudelte endlich die Baugenehmigung zu unserer neuen Halle ein. Es entstand jetzt in der Schützenbruderschaft sehr reges Leben, da die Bauarbeiten fast alle in Eigenleistung erstellt werden sollten. Am 17.9.66 konnte der erste Spatenstich gemacht werden …

Mit viel Elan gingen die Schützen an den Bau der neuen Schützenhalle (von links): Gerhard Coerdt, Willi Schulte, N.N., Franz Fildhaut („Gastrat“), Peter Fildhaut und Alfons Goeke.

Schon am 15. November wurde Richtfest gefeiert.

Die feierliche Einweihung des neuen Schützendomizils fand dank des unermüdlichen Einsatzes der Schützenbrüder und der Unterstützung ihrer Frauen wie geplant mit einem „Tanz in den Mai“ am 30. April 1967 statt. Voller Stolz konnten die Schützen auf die geleistete Arbeit zurückblicken, die es ermöglicht hatte, die Kosten für den Bau der Halle auf die Summe von nur 50.365 Mark zu beschränken.

Der Rohbau der Schützenhalle im Winter 1966/67.

Brudermeister Franz Korte unterstrich in seiner damaligen Ansprache die bis heute zentrale Bedeutung der Schützenhalle als Bindeglied dörflicher Gemeinschaft und betonte:

Jedem Bürger steht die Tür der Halle offen.

Im Rückblick auf das anschließende Bezirksschützenfest schrieb Franz Schriek:

Zum ersten Mal wurde die Halle von einem König betreten. Es wäre zu wünschen, daß sich dieses noch hunderte Male wiederholen möge.

Einige der zahlreichen Frauen bei der Endreinigung (von links): Josefa Schmidt, Erna Schüpstuhl, Grete Goeke, Sigrid Luig und Josefa Luig.

Und weiter heißt es im Jahresrückblick:

Die Schützenbrüder wurden des Feierns nicht müde, so fand im Herbst ein Erntedankfest statt, um unsere überspannte Finanzlage zu verbessern. Das Tor zur Halle mußte sich noch einmal öffnen… Es muß hier noch einmal betont werden, daß alle Feste mit einem Wort niederzuschreiben, ,wundervoll’ verlaufen sind.

Freude und Pathos dieser Sätze wurden sicherlich durch eine Entscheidung des Wimberner Gemeinderates verstärkt, die Schriftführer Schriek wie folgt kommentierte:

Zum Schluß ist noch ein freudiges Ereignis zu berichten. Die Gemeinde schenkte durch notariellen Schenkungsvertrag vom 19.1.1968 das an der Wiesenstraße gelegene Grundstück der St. Johannes Schützenbruderschaft Wimbern zu eigen. Dieses Ereignis ist eines der schönsten und längsten Sitzungen meines bzw. unseres Lebens gewesen. Werte Schützen, es hat sich doch alles zum Gedeihen unseres Vorhabens, welches erst als unüberwindlich erschien, zum Guten der Bruderschaft gewendet. Wir sind einige Jahre unter einem Glückstern gewandelt mit Wohlwollen aller Behörden, dem Bürgermeister mit seinem Rat und allen beteiligten Behörden sei herzliches Dankeschön und nochmals Dankeschön gesagt. Denn nun haben wir vor der Zukunft keine Angst mehr.

Auch wenn einige Formulierungen heute ungewohnt erscheinen mögen, belegen sie die Herzlichkeit und Treue, mit der die Schützenbrüder ihren Verein trugen.

Im Jahre 1969 wurden die roten Epauletten durch schmale Schulterstücke ersetzt.

In der Jahreshauptversammlung 1969 beschlossen die Schützen, in Zukunft statt der großen roten Epauletten schmale Schulterstücke zu tragen. Mit dieser Entscheidung folgten die Wimberner Schützen also nicht dem allgemeinen Trend vieler Schützenvereine und -bruderschaften dieser Zeit, sich ein zunehmend militärisches Erscheinungsbild zu verleihen. Ihr eher bürgerlich-ziviles Auftreten versucht die St. Johannes-Schützenbruderschaft bis heute konsequent fortzusetzen, beispielsweise durch ihren ausdrücklichen Verzicht auf Säbel, Orden, Ehrenzeichen und ähnliche Militaria. Lediglich Anstecknadeln für langjährige Vereinstreue werden von der Bruderschaft verliehen.

In dieses Bild passt auch ein weiterer Beschluss der Generalversammlung 1969: Anstatt militärisch erscheinende Uniformen anzuschaffen, entschieden sich die Schützen, in Zukunft ein schwarzes Sakko und weiße Hosen zu tragen; lediglich während des Vogelschießens wurden noch einige Jahre schwarze Beinkleider bevorzugt. Das hatte vor allem damit zu tun, dass die oftmals feuchten Wiesen an der alten Vogelstange mit strahlend weißen Hosen nicht immer „kompatibel“ waren. Keine Grundlage hingegen hat die Vermutung, dass die Vorstandsmitglieder der Beerdigung des alten Königspaares mit schwarzen Hosen in angemessener Garderobe beiwohnen wollten.

Unter der Schützenfahne, der Jungschützen-Stan­darte und vielen Zweigen wird das Königspaar beerdigt.
Der Festzug trifft zur Beerdigung des alten Königspaares an der Wimberner Königsgruft ein.
Nach der Beerdigung ziehen die Schützenbrüder – hier Michael Schubert – zurück in die Halle. Die Mütze ist mit einem Zweig geschmückt und sitzt verkehrt herum auf dem Kopf.

Überhaupt zählt die Beerdigung des abgelösten Regentenpaares vor malerischer Kulisse unter den Kastanien bei Nadermanns Hof inzwischen zu den liebgewonnenen Traditionen des Schützenfestes in Wimbern. An die jahrelang vom Ehepaar Schmidt hergerichtete letzte Ruhestätte, um die sich bis heute die Familie Klaus kümmert, denkt sicherlich noch so manches gekrönte Haupt gern zurück, auch wenn sich in die laubbedeckten Hosenbeine schon so manche Brennnessel verirrte. Den Abschied versüßen die Trauergesänge über die zwei Königskinder, die einander so lieb hatten, aber wegen des tiefen Wassers nicht zueinander kommen konnten. Im Anschluss an die Beerdigung zieht die Trauergemeinde – die mit einem Zweig geschmückten Schützenmützen verkehrt herum auf den Köpfen – zurück zur Halle. Bis zum erneuten Antreten am Montagabend bleibt dann, wegen des in der Regel recht frühen Endes des Vogelschießens, noch einige Zeit, die von vielen durch einen zünftigen Frühschoppen überbrückt wird. Auch ein anschließendes Nickerchen wird oft empfohlen, allerdings muss vor der Gefahr des Verschlafens gewarnt werden, ist es doch schade um jede Stunde, die verpasst wird.

Ungewohntes Bild – am Schützenfest-Montag 2012 mussten Andreas und Mira Giese infolge Dauerregens auf dem Hallenboden beerdigt werden.

Die einzigen Königspaare in den vergangenen Jahrzehnten, denen diese Huldigung wegen Dauerregens nicht im Freien zuteil wurde, waren Udo Wiggeshoff und Sandra Schriek sowie Andreas und Mira Giese. Sie wurden 2000 und 2012 kurzerhand auf der Königsbühne beziehungsweise auf dem Hallenboden beerdigt. Darüber hinaus wurde Königin Irene Schulte 1980 ebenfalls nicht beerdigt. Das Kaiserpaar des Jubiläumsjahres 1991, Peter und Roswitha Bettermann, kam gleich zweimal in den lebendigen Genuss ihrer eigenen Beerdigung.